Data Strategy: Erfolgsfaktoren für nachhaltige Wettbewerbsvorteile durch KI-basierte Datenanalysen und Digitalisierung
Die Menge der Daten alleine ist kein entscheidender Wettbewerbsfaktor
Immer mehr Organisationen setzen auf datengestützte Analysen in ihrer Entscheidungsfindung und digitalisieren ihre Prozesse, Produkte und Services. Dabei wird verstärkt auf Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) gesetzt. Doch häufig bleibt der erhoffte Erfolg aus.
Es ist eine sehr verbreitete Annahme, dass die Auswertung großer Mengen an Kundendaten der Organisation einen uneinholbaren Wettbewerbsvorteil verschaffen kann. Dies beruht auf der These: Je mehr Kunden eine Organisation hat, desto mehr Daten kann diese zur Produkt- und Serviceverbesserung nutzen und damit weitere Kunden anziehen, von denen noch mehr Daten gesammelt werden können.
Die o.g. Annahme haben Andrei Hagiu (Associate Professor für Informationssysteme an der Questrom School of Business der Boston University) und Julian Wright (Ökonomieprofessor an der National University of Singapore) untersucht und sind zu der Erkenntnis gekommen, dass alleine die Menge der Daten nicht entscheidend ist für einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil.
Durch die Analyse von Kundendaten können sich Organisationen durchaus einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Netzwerkeffekte ergeben sich dadurch aber nur sehr selten und wenn, sind diese meist auch nicht von Dauer.
Damit sich Organisationen durch datengestützte Analyse, besonders durch den Einsatz von KI, eine nachhaltige starke Wettbewerbsposition verschaffen können, müssen die drei nachfolgenden Bedingungen erfüllt sein.
- Produktverbesserungen durch Datenanalysen werden angestoßen und diese Verbesserungen sind nur schwer zu kopieren oder es ergeben sich dadurch Netzwerkeffekte.
- Der Mehrwert durch die Analyse von Daten ist hoch und dauerhaft.
- Die analysierten Daten sind geschützt.
Mit 7 Fragen die Nachhaltigkeit von Wettbewerbsvorteile durch (KI-basierte) Datenanalysen und Digitalisierungsvorhaben bewerten
Wie stellen Organisationen fest, welche Leistungsfähigkeit ihre Daten haben und ob datengestützte Analysen ihnen dauerhafte Wettbewerbsvorteile nach den drei Kriterien verschafft? Die nachfolgenden Fragen helfen bei der Bewertung.
1. Wie hoch ist der Mehrwert durch Kundendaten im Vergleich zum Wert des eigentlichen Angebots?
- Je höher der Mehrwert ist, desto größer ist auch die Chance auf langfristigen Nutzen. Angenommen, für Kunden ist es elementar, dass ein Service oder Produkt einwandfrei funktioniert (z.B. 99,99% Zuverlässigkeit). Der Anbieter erreicht dies nur durch die stetige Auswertung großer Datenmengen, die laufend gesammelt werden. Die Erkenntnisse werden immer frühzeitig in die Produkte/Services eingebaut. Die Kundeninformationen (Kundendaten) haben somit einen höheren Wert, als das Produkt selber. Das Produkt ist vielleicht einfach kopierbar, aber die Daten und die daraus gewonnen Erkenntnisse für eine hohe Zuverlässigkeit nicht.
2. Wie schnell nimmt der Grenznutzen der Erkenntnisse aus Datenanalysen ab?
- Je schneller eine Organisation den Punkt erreicht, an dem zusätzliche Kundendaten den Wert eines Angebots nicht weiter verbessern, desto schneller nimmt der Grenznutzen ab sowie die Eintrittsbarriere für Wettbewerber.
- Zur Beantwortung der Frage sollte zusätzlich auf die Zahlungsbereitschaft der Kunden geachtet werden. Ist der Kunde nicht bereit, für die Erkenntnisse aus weiteren Datenanalyse zu Zahlen, so ist der Grenznutzen erreicht.
3. Wie schnell lässt die Relevanz der Kundendaten nach?
- Wenn Daten schnell veralten, dann wird es (unter gleichbleibenden Bedingungen) einfacher für Konkurrenten in den Markt vorzudringen. Einen großen Erkenntnisvorsprung, den sich womöglich etablierte Organisationen über jahrelange Datenanalysen erarbeitet haben, müssen Wettbewerber dann nicht mehr aufholen.
4. Sind die Daten geschützt, können die Daten nicht von anderen Quellen erworben, kopiert oder rekonstruiert werden?
- Einzigartige Kundendaten, die sich nicht ohne Weiteres ersetzten lassen, schaffen eine wirkungsvolle Eintrittsbarriere gegen Konkurrenten.
- Es ist aber dabei zu beachten, das technischer Fortschritt die Marktposition trotzdem gefährden kann. Dies ist z.B. bei Spracherkennungssoftware zu beobachten. Vor 10 Jahren beherrschten andere diesen Markt als heute. Früher mussten User erst die Software auf ihre Sprache und Stimme trainieren. Je öfter man die Software nutzte umso besser wurde diese. Mit dem Wandel zu personenunabhängigen Spracherkennungssystemen sind die alten Softwareanbieter verschwunden und neue Wettbewerber haben den Markt erobert.
5. Wie schwierig ist es, Produktverbesserungen nachzuahmen, die auf Kundendaten beruhen?
- Werden die auf Basis von Kundendaten entstehenden Produktverbesserungen in einen komplexen Produktionsprozess eingebettet, so ist es für Wettbewerber schwieriger dies zu kopieren.
- Ein weiterer Faktor ist, wie schnell sich die Erkenntnisse aus Kundendaten ändern. Je schneller ich aus den Kundendaten Veränderungen erkennen und diese Erkenntnisse verwerten kann, um so schwieriger wird es für Wettbewerber dies nachzuahmen.
6. Helfen Daten eines einzelnen Users, das Produkt für Ihn oder andere zu verbessern?
- Helfen Daten eines einzelnen Users, das Produkt für Ihn zu verbessern, so kann die Organisation das Angebot individuell auf diesen Kunden zuschneiden. Zu beachten ist allerdings, das dies häufig auch höhere Kosten verursacht.
- Ist es aber möglich mit den Daten eines einzelnen Users auch das Produkt für andere zu verbessern, treten Skaleneffekte ein und es steigen die Chancen einen Netzwerkeffekt auszulösen.
- Im Idealfall erreicht man beide Wirkungen. Mit der ersten Methode bindet man Bestandskunden und mit der zweiten erlangt man einen wichtigen Vorteil bei der Neukundenakquise.
7. Wie schnell lassen sich Erkenntnisse aus Nutzerdaten in Produkte integrieren?
- Schnelle Lernzyklen behindern Wettbewerber Schritt zu halten.
- Größere Wettbewerbsvorteile durch Daten sind dann zu erreichen, wenn die Erkenntnisse von heute zu häufigeren Verbesserungen des Produkts führen, die nicht nur zukünftigen, sondern auch aktuellen Kunden zu gute kommen.
Die Wirkung von Netzwerkeffekten
Die beiden Autoren weisen darauf hin, dass besonders die Beantwortung der Fragen 6 und 7 Auskunft darüber gibt, ob die datenbasierte Optimierung echte Netzwerkeffekte schaffen kann.
Für Kunden ist es daher interessant zu wissen, ob Erkenntnisse aus Datenanalysen einzelner Kunden zu einem besseren Erlebnis für alle anderen Kunden führen und diese Erkenntnisse so schnell in ein Produkt integriert werden, dass bereits die aktuellen Kunden davon profitieren.
Data Governance und Data Scope
Am Anfang der Einführung einer Data Governance und eines Data Quality Managements besteht immer die Herausforderung sich auf die zu fokussierenden (high value / high risk) Daten festzulegen. Die Beantwortung der 7 Fragen kann auch dabei nützlich sein den Data Scope richtig einzuschätzen.
(Quelle: Harvard Business Manager, Ausgabe März 2020, Die Daten-Illusion, Seiten 42 – 49)
Lesen Sie auch:
- Digitalisierung: Schlüsselfaktoren erfolgreicher Innovationen
- Data Governance, der Schlüssel zu einer erfolgreichen datenintelligenten Organisationskultur
- Data Governance: Was sind Ihre Unternehmens-Daten wert?
- Data Governance: Vom Data Profiling zur ganzheitlichen Leistungsbewertung von Daten
- Prozessorientierter Data Quality Index erfolgreich einführen
- Datenqualität messen: Mit 11 Kriterien Datenqualität quantifizieren
- Wie Sie schnell bewerten können, ob Sie ein Problem mit der Datenqualität haben
- Logikbäume: Mehr Transparenz zur Wirkung schlechter Datenqualität auf Unternehmensziele
Big Data, Master Data Management, Digitalisierung, Digitale Transformation, Data Governance, Datenanalyse, Datenstrategie, Data Strategy, Data Analytics, Artificial Intelligence, Künstliche Intelligenz, Dataperformance, Data Science
- Geändert am .
- Aufrufe: 7768