Die große Denkfalle der Datenstrategie: Warum wir Datenprodukte am falschen Ort bauen
Viele Unternehmen setzen auf Datenprodukte – aber zu spät und in den falschen Teams. Ein Umdenken muss in den operativen Systemen beginnen, nicht erst bei der Analyse.
Vom Rohstoff zum Produkt – aber bitte richtig
Wer als Softwareunternehmen im Wettbewerb bestehen will, muss mehr bieten als funktionierende Software: Es geht darum, Daten in Produkte zu verwandeln. Nur so entsteht echter, nachhaltiger Kundennutzen – und damit eine Differenzierung im Markt. Datenprodukte bieten die Chance, komplexe Informationen verständlich, kombinierbar und skalierbar nutzbar zu machen.
Der Alltag zeigt: Datenaufbereitung ist ein Kraftakt
Die Ist-Situation in vielen Unternehmen zeichnet jedoch ein anderes Bild: Datenaufbereitung gehört zu den aufwändigsten Schritten in datenorientierten Projekten. Vor jeder Analyse steht ein mühsamer Prozess – Daten werden aus verteilten operativen Systemen extrahiert, bereinigt, transformiert und in einen auswertbaren Zustand überführt. Bei jeder neuen Quelle beginnt der Aufwand von vorn. Die fachliche Bedeutung muss durch Gespräche mit unterschiedlichen Stakeholdern ermittelt werden, Dokumentationen sind verstreut, uneinheitlich oder veraltet, und die Datenqualität ist oft unklar – was den gesamten Analyseprozess gefährdet. In dieser fragmentierten Umgebung sind Wiederverwendbarkeit, Automatisierung und Self-Service kaum möglich.
Das Missverständnis: Datenprodukte sind kein Analyse-Job
Ein weitverbreiteter Denkfehler verschärft die Situation: Zwar wird das Konzept der Datenprodukte zunehmend verstanden – doch häufig an der falschen Stelle umgesetzt. Die Verantwortung liegt meist bei zentralen Data-Teams, die aus einem Sammelsurium an operativen Rohdaten nutzbare Strukturen formen sollen. Der richtige Ort für Datenprodukte ist jedoch nicht am Ende der Datenwertschöpfung – sondern am Anfang. Bereits operative Systeme sollten Datenprodukte bereitstellen: mit klaren Strukturen, nachvollziehbarem Kontext, gepflegten Metadaten und dokumentierter Datenqualität.
Produktverantwortung beginnt im operativen System
Datenprodukte müssen nicht nur analysefreundlich sein – sie müssen von Anfang an produktfähig gedacht und bereitgestellt werden. Das bedeutet: Auch Produktteams und Entwickler operativer Systeme tragen Verantwortung dafür, welche Daten in welcher Form bereitgestellt werden. Nur wenn operative Systeme Daten als integralen Bestandteil ihres Nutzens begreifen, entsteht eine Umgebung, in der datenbasierte Innovation nicht behindert, sondern gefördert wird.
Ein durchgängiges Datenproduktverständnis schafft Innovation
Ein datenproduktbasierter Ansatz über die gesamte Wertschöpfung – von operativen Systemen bis zu analytischen Plattformen – entlastet nicht nur Data Scientists und Analysten, sondern bildet auch die Grundlage für neue Services: etwa Self-Service-Analytics, semantische KI-Modelle ("Talk with your Data") oder modulare Plattformlösungen und digitale Prozesse. Unternehmen könnten standardisierte Datenprodukte bereithalten, die nahtlos mit anderen Softwarelösungen kombinierbar sind. Dabei geht es nicht nur um impulsgetriebene Trends wie Model Context Protocols für GenAI-Systeme – diese Entwicklung weist zwar in die richtige Richtung, greift jedoch noch zu kurz. Der Gedanke eines Datenprodukts muss konsequent weiterentwickelt und umfassend aufgestellt werden – als übergreifendes Prinzip, das weit über Analysezwecke hinaus operative Systeme, Architekturentscheidungen und digitale Geschäftsmodelle einbezieht.
Datenprodukte schaffen eine gemeinsame Sprache zwischen Fachbereichen, Technik und Kunden. Sie ermöglichen datenorientierte Produktentwicklung, steigern die interne Effizienz und legen das Fundament für echte Innovation. Entscheidend ist dabei die organisatorische Verankerung: Wer verantwortet welche Datenprodukte? Wie werden sie gepflegt, dokumentiert und versioniert? Welche Qualitätsstandards gelten? Diese Fragen sind der Schlüssel zu nachhaltigem Erfolg.
Fazit: Datenprodukte als strategisches Prinzip – von Anfang an
Softwareunternehmen, die zukunftsorientiert agieren wollen, sollten Daten nicht länger als technisches Nebenprodukt betrachten. Wer beginnt, Daten wie Produkte zu behandeln – mit klarer Zielgruppe, dokumentiertem Nutzen und definierten Qualitätsmerkmalen – und dies schon auf Ebene der operativen Systeme umsetzt, legt die Basis für skalierbare, intelligente und wirklich wertstiftende digitale Lösungen. Datenprodukte sind kein Analyse-Artefakt. Sie sind ein strategisches Prinzip – vom ersten Datenpunkt an.

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